Wie verhält es sich mit benachbarten Weinbauern?
Wir markieren unsere Weinberge gut erkennbar mit Bioland-Markierungen. Die Nachbarn wissen dann, dass sie vorsichtiger arbeiten müssen, damit unsere Weine nicht belastet werden. Manchmal muss man mit den Nachbarn darüber reden – da wurde auch schon mal lautstark diskutiert (lacht). Bisher hat das Labor glücklicherweise nie Rückstände in unseren Weinen festgestellt.
Wie offen sind die anderen Weinbauern für das Thema Bio?
Ich bin der einzige Bio-Weinbauer im Dorf. Vorher wurde ich skeptisch beobachtet; heute sind die jüngeren Kollegen offener, gehen immer wieder durch meine Weinberge und machen sich ein Bild, wie gut oder schlecht das Ganze ist. Das ist schon ein prima Ansatz, denn man denkt darüber nach. Langsam setzt also ein Umdenken ein, und ich gehe davon aus, dass sich in meiner Umgebung in den nächsten Generationen die Fläche im Biobereich stark erhöhen wird. Denn die anderen sehen, dass bei mir mehr Leben da ist – da brummt und summt es, und Schmetterlinge fliegen, während in konventionellen Weinbergen oft noch nicht mal mehr ein Vogel zu finden ist. Das ist wirklich ein großer Unterschied.
Früher hätte man auf ein spitz auslaufendes Stück noch mal zehn Rebstöcke draufgepackt, heute pflanze ich auch mal einen Apfel- oder Birnbaum, um die Artenvielfalt zu vergrößern und gegen Monokultur zu kämpfen.
Leisten Sie Überzeugungsarbeit?
Ich halte für meine Kollegen Vorträge in Ortsverbänden, wo ich meine gewonnenen Eindrücke schildere. Einfach um zu erklären, was man erleben kann und mit was man rechnen muss, wenn man auf Bio umstellen möchte. Wenn ich meinen Kollegen keine Tipps gebe, wird sich auch nichts verändern. Das ist meine Einstellung insgesamt: Wenn ich meinen Lehrlingen und Praktikanten das Wissen vermittele, dann können es auch meine Winzerkollegen erfahren. Ich habe nichts zu verbergen, sondern sage klar, was zu erwarten ist. Auch dass man hart dafür arbeiten muss und dass der Biogedanke erst fruchtet, wenn man erkennt, für was man das überhaupt macht.
Wie könnten sich mehr Weinanbauer nicht nur als Lebensmittelproduzenten, sondern auch als Klima- und Artenschutzförderer verstehen?
Zum Glück wird heute in landwirtschaftlichen Kreisen bereits nachgedacht, welchen Stellenwert ein Landwirt in der Gesellschaft hat. Vor allem wenn man das aus der Perspektive des Bio-Landbaus sieht, wo noch viel mehr für das ökologische Gleichgewicht gearbeitet wird. So können z. B. alle, die in Städten wohnen, bei uns Urlaub machen und die Natur genießen, die wir schützen – das wirft die Frage auf, ob ein (Bio-)Bauer oder -Winzer nicht auch schon ein Landschaftspfleger ist. Wenn man sich bemüht, Artenvielfalt z. B. durch Blühsäume und viele andere Maßnahmen zu fördern und dabei zum Wohle von Mensch und Natur freiwillig auf Ertragsflächen und Mehrerträge verzichtet, kann man durchaus die Frage stellen, ob man das nicht finanziell kompensieren könnte. Denn nur wenn immer mehr Landwirte sich dem anschließen, können wir das Ganze für die nächsten Generationen erhalten.
Wie ist Ihr Ausblick für den Bio-Weinbau?
Ich habe mich als erster Bioland-Winzer entschlossen, in den Lebensmitteleinzelhandel bzw. die Discounter zu gehen, da ich aufgrund der großen Fläche auch genügend Menge habe. Mit 66 Jahren bin ich nun fast im Rentenalter, arbeite aber trotzdem weiter. Der Hof hatte unlängst 400-Jahr-Feier, ich bin bereits die 17. Weinbauer-Generation, aber es gibt auch schon die 18. und 19. Ich beschäftige fast 60 Mitarbeiter und werde noch als Ratgeber gebraucht. Das mache ich gerne, denn ich habe in all der Zeit unschätzbares Wissen gesammelt, das sonst verloren gehen würde. Und ich hoffe, dass ich damit viele junge Kollegen motivieren kann, das lohnende Abenteuer Bio-Weinbau zu wagen.